So sieht eine ungesunde Fehlerkultur aus

An einer kürzlich abgehaltenen Pressekonferenz nutzte Viola Amherd ihre letzten Momente als VBS-Chefin, um zu versuchen, das «Image» der Schweizer Armee «aufzupolieren». Aber wieso etwas retten, wo es nichts zu retten gibt?

Die Schweizer Armee war nie für ihre Seriosität oder ihre gewissenhaften Einkäufe berühmt. Die GSoA hat sich immer dafür eingesetzt, aufzuzeigen, wie die Verwendung öffentlicher Gelder zur Verwirklichung der Kriegsträume einiger Offiziere nicht nur ein erbärmliches, sondern auch ein gefährliches Spiel ist. Wenn es um Geld geht, das dem Militär zusätzlich gegeben wird, ist es in der aktuell vorherrschenden Finanzpolitik unumgänglich, dass in anderen Bereichen gekürzt werden muss. Kürzlich hat das Parlament bei der internationalen Zusammenarbeit gekürzt, nachdem er dem VBS rund 4 Milliarden mehr Geld zugesprochen hatte. Aber wie wird dieses Geld letztendlich verwendet? Ist unsere Sicherheit wirklich gewährleistet, jetzt, da die Schweiz keine Beiträge mehr an die Globale Bildungspartnerschaft, die UN-Einrichtung für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Frauen (UN-Women) sowie an UNICEF zahlt?

Überraschung, Überraschung 

Trotz dieser zusätzlichen Rüstungsmilliarden schlug die Finanzdelegation des Parlaments kürzlich Alarm: 7 grosse Rüstungsprojekte weisen massive Probleme und Risiken auf. Die Bilanz dieser «Liste des Versagens», wie sie das SRF nennt, würde 19 Milliarden betragen. Nicht zuletzt als Reaktion auf die Veröffentlichung dieser Liste hat Viola Amherd, begleitet von Thomas Süssli (Chef der Armee) und Urs Loher (Rüstungsdirektor), diese zurückhaltend anmutende Pressekonferenz organisiert. Eine gute Gelegenheit, auf diese Kommunikation seitens der VBS-Chefin und auf die sehr realen Probleme, die dazu geführt haben, zurückzukommen.

Die Drohnen des Scheiterns 

Zunächst einmal waren es die israelischen Drohnen, die in den letzten Wochen die politische Schweiz bewegten. Angeblich sollten diese Drohnen 2019 diensttauglich werden, sitzen aber bis heute am Boden fest. Bereits 2015 warnte die GSoA vor diesem Kauf, und heute zeigt sich tragischerweise, wie recht wir hatten. Der Wert dieser Beschaffung beläuft sich auf 300 Millionen Franken. Darüber hinaus wurden bisher nur vier der sechs bestellten Drohnen geliefert. Obwohl es sich hierbei nur um ein Beispiel handelt, ist es unmöglich, keine Parallelen zu den berüchtigten F-35 und ihrem fragwürdigen Beschaffungsprozess zu ziehen. Die Kosten für diesen Kauf, die sich ursprünglich auf 6 Milliarden beliefen, explodierten schliesslich: Trotz Warnungen von allen Seiten verschloss das VBS bewusst die Augen und Ohren und kaufte neue Flugzeuge, die zum Zeitpunkt ihrer Auslieferung bereits veraltet sein werden. Offenbar macht sich das Departement von Viola Amherd einen Spass daraus, sich auf gefährliche Käufe einzulassen, die die Finanzen des Bundes strapazieren.

Ein Problem aus der Luft

Als nächstes ist das System der Luftraumüberwachung an der Reihe. Ein brisanter Bericht, der von SRF aufgedeckt wurde, warnt vor einem „Zusammenbruch der militärischen Luftraumüberwachung“. Die Schweizer Armee hatte es geschafft, diesen Bericht zu verheimlichen, der belegt, dass die Armeekader den Rat von Spezialisten ignoriert haben. Im Zentrum des Problems soll Thomas Süssli schwer darauf bestanden haben, dass die Schweiz das Verteidigungsprogramm Skyview nutzt, für das das Parlament die Mittel auf 314 Millionen verdoppelt hatte. Das Projekt ist nun seit einem Jahr eingefroren, und das trotz aller Warnungen. Das SRF weist auch auf das Klima der Angst hin, das in der Schweizer Armee vorherrscht.Mit einem Armeechef, der offensichtlich Schwierigkeiten hat, Expert*innen anzuhören und in Ruhe über die wahren Sicherheitsherausforderungen von heute nachzudenken, die jedoch nichts mit der aktuellen, unsinnigen Aufrüstung zu tun haben. 

Immer wieder «mea culpa» und Skandale

Letztendlich glich dieses Mea Culpa der Chef*innen eher dem Motto “Angriff ist die beste Verteidiung”, indem sie die Medien angriffen und ihnen vorwarfen, nicht über all die Projekte zu berichten, die erfolgreich abgeschlossen wurden. Nur, wenn man (fast) das einzige Ressort ist, das von Haushaltskürzungen verschont geblieben ist und sogar davon profitiert hat, sollte man eine gewisse Pflicht zur Vorbildfunktion haben und nicht eine lange Liste von Problemen mit millionenschweren Anschaffungen, oder?  Stellen wir uns vor, dass die Feuerwehr 20% der brennenden Häuser nicht löscht, obwohl ihr Budget innert kürzester Zeit praktisch verdoppelt wird. Würden wir dann goutieren, wenn die Chef*innen der Feuerwehr sich darüber beschweren, dass die Medien nicht über die 80% der Feuer berichten, welche erfolgreich gelöscht wurden?

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine und insbesondere seit Anfang 2024 hat das VBS weit mehr als nur ein paar Skandale auf dem Konto. Wir werden das angebliche „Loch“ in den Finanzen der Armee (2024) nicht vergessen, das letztlich keines war. Oder die abgesagten Grossveranstaltungen, um den Eindruck zu erwecken, die Institution Armee sei finanziell unterversorgt. Eine Kommunikation, die zum Ziel hatte, die Forderungen nach einer Budgeterhöhung zu legitimieren, und das mitten in der Aufrüstungskrise überall in Europa. Ganz zu schweigen von den widerrechtlich zu hohen Personalbeständen und schliesslich den (sehr) fortgeschrittenen Diskussionen über einen verpflichtenden Informationstag für Frauen, obwohl ein kürzlich veröffentlichter Bericht darauf hinwies, dass 94% der Frauen während ihres Dienstes sexualisierte Gewalt erlitten haben. 

Trotz dieser wiederholten Skandale scheint es für die Armee wichtig zu sein, weiterhin Geld sinnlos auszugeben, da dies die einzige Möglichkeit ist, um ihr absurd überrissenes Budgets zu legitimieren. Die Pressekonferenz vom 31. Januar 2025 wird daher als der x-te Versuch von Viola Amherd in Erinnerung bleiben, die bürgerlichen Politiker zu besänftigen, um weiterhin ein unerhört hohes Budget auf Kosten des Sozialstaates zugesprochen zu bekommen.

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