Tödliche Partnerschaft

Obwohl heute die meisten Rüstungsfirmen im Besitz von privaten Gesellschaften sind, existiert in manchen Ländern ein System der staatlichen Förderung von Waffenexporten. Ein prominentes Beispiel dieser «private public partnership» der tödlichen Art ist Grossbritannien.

Von Stefan Luzi*

Mit einem Exportvolumen von jährlich 2-3 Milliarden US-Dollar kämpft Grossbritannien um den unrühmlichen zweiten Platz aller rüstungsexportierenden Länder. Die britische BAE Systems ist die grösste Rüstungsfirma ausserhalb der USA. Mit fast 100’000 Angestellten hat dieses Unternehmen einen enormen Einfluss in der britischen Politik.

Auch wenn der Anteil der Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie nur gerade 0.2 Prozent aller Beschäftigten ausmacht, rechtfertigt Tony Blair seine Unterstützung der Waffenindustrie regelmässig mit der «Sicherung von Arbeitsplätzen». Glückhafter Umstand für die Rüstungsindustrie ist zudem, dass sie von vielen Menschen als notwendig für die Erhaltung der nationalen Armee betrachtet wird – und deren Berechtigung steht, Irak und Afghanistan zum Trotz, in Grossbritannien nicht zur Diskussion.

Die Waffenschmuggler in der Regierung

Neben der sehr lockeren Exportbewilligunspraxis unterstützt die britische Regierung die Rüstungsfirmen mit Staatsgeldern. Obwohl Rüstungsexporte nur 1.8 Prozent aller britischen Exporte ausmachen, werden 32 Prozent der nationalen Forschungsgelder für Rüstungsprojekte aufgewendet. Und 42 Prozent der Gelder des Departements für Exportkreditgarantie, das britische Exporteure gegen ausbleibende Zahlungen ihrer Kunden versichert, werden für Rüstungslieferungen eingesetzt. Die tödliche Partnerschaft zwischen Regierung und privaten Rüstungsfirmen wird durch die Arbeit der Defence Export Services Organisation (DESO) verkörpert. DESO ist dem britischen Verteidigungsdepartement angegliedert. Die Chefs dieser Abteilung hatten in der Regel vorher eine Managerfunktion bei BAE Systems inne. Obwohl die Organisation damit prahlt, über einen direkten Zugang zu Tony Blair zu verfügen, ist relativ wenig über die Arbeit der rund 500 Beamten bekannt.

DESO abschaffen

Die britische Organisation Campaign Against Arms Trade (CAAT) hat den 40. Geburtstag von DESO zum Anlass genommen um deren Abschaffung zu verlangen. Recherchen der CAAT zeigen, dass DESO zahlreiche Mittel hat, um den Export britischer Waffen zu fördern. So verhilft DESO britischen Managern zu einem direkten Zugang zu wichtigen Politikern in den Käuferländern, unterstützt Rüstungsfirmen im Bewilligungsprozess für Kriegsmaterialexporte, vermittelt die im Waffenhandel üblichen Gegengeschäfte und leitet die Wünsche der Rüstungsfirmen weiter an Minister, die einen Auslandbesuch planen. DESO nimmt für sich in Anspruch, für mehr als 75 Prozent der britischen Rüstungsexporte verantwortlich zu sein. Beamte der DESO versuchen auch neue Märkte für britische Rüstungsfirmen zu erschliessen. Eine hierfür erstellte Marktanalyse listete im Jahr 2005 den Irak und Libyen als «key markets» mit «starken Aussichten» für die britische Rüstungsindustrie auf.

Internationale Praxis – und die Schweiz?

Wenngleich in kleinerem Massstab, existiert auch in der Schweiz ein Instrumentarium der staatlichen Exportförderung von Waffen. Rüstungsfirmen können dabei die Dienste des staatlich geförderten OSEC Business Network Switzerland in Anspruch nehmen, das über sein Netzwerk in den Botschaften Kontakte zwischen den Firmen und Offiziellen in den Käuferländern herstellen kann. Dies bestätigte der Bundesrat im Jahr 2005 auf eine parlamentarische Anfrage. So unterstützte der schweizerische Verteidigungsattaché in Ankara den Kontakt zwischen der Türkei und der Ruag in Thun. Dass Rüstungsfirmen die Dienste der OSEC in Anspruch nehmen, verwundert nicht. So gehört Nationalrat Edi Engelberger dem Aufsichtsrat der OSEC an. Gleichzeitig ist Engelberger, von 2003-2005 Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission, eng mit der Firma Pilatus Aircraft verbandelt. Und von einer besonderen Art staatlicher Exportförderung profitiert natürlich die Ruag, die im Besitz des Bundes ist. Sie wird vor allem bei Gegengeschäften, welche durch Rüstungskäufe der Schweizer Armee entstehen, begünstigt.

Eine Menschenkette der Campaign Against Arms Trade vor dem Hauptquartier der DESO im Oktober 2006. (Photo: Stefan Luzi)

 


* Stefan Luzi, während Jahren Sekretär der GSoA, arbeitet momentan bei der Campaign Against Arms Trade in London.

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