Wie die Kriegsmateriallobby die Schweizer Aussenpolitik an die Wand fährt

Ob die Schweiz die Wiederausfuhr von Schweizer-Waffen an die Ukraine zulassen soll, wird nicht nur hierzulande heftig diskutiert. Im Ausland ist die Logik der Schweizer-Rüstungsexportpolitik nicht nachvollziehbar – zurecht.

«Die Schweiz exportiert Munition und Waffen in Länder, die keine Demokratien nach westlicher Lesart sind, beispielsweise Saudi-Arabien. Als Freundin der Schweiz frage nicht nur ich mich, wie die Schweiz, ohne mit der Wimper zu zucken, solche Länder beliefert, aber den Grenznachbarn und Partnern nicht erlaubt, die in der Schweiz bestellte Munition an ein Land im Herzen Europas zu liefern, welches ums nackte Überleben kämpft». Diese Aussage stammt von der einflussreichen deutschen FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und bringt das Problem auf den Punkt: Die Schweiz hat sich mit ihrer widersprüchlichen Rüstungsexportpolitik aussenpolitisch unglaubwürdig gemacht. Dabei liegt der Kern des Problems nicht nur darin, dass sich die Schweiz schwertut, mit den Lieferungen an die Ukraine, sondern darin, dass sich die Schweiz abseits vom medialen Rummel keinen Deut um die nun ins Feld geführte Neutralität kümmert. Die Schweiz liefert und lieferte in den letzten Jahren regelmässig Waffen an Länder, die in Kriege verwickelt waren oder Menschenrechte missachten (z.B. Saudi-Arabien, Katar). Dass die Schweiz zwischen den Jahren 2000 und 2021 gar Kriegsmaterial im Wert von über drei Millionen Franken an Russland geliefert hat, ist ein weiteres tragisches Kapitel dieser Geschichte. 

Kriegsmaterialexporte schaden auch der Schweiz

Die Schweiz müsste im Ukraine-Konflikt alles andere als untätig bleiben. Der Rohstoffhandel spült jeden Monat Milliarden in die russische Kriegskasse. Ein umfassendes Verbot der Finanzierung, des Handels und Imports von russischen Rohstoffen ist unabdingbar. Die Vermögen von russischen Oligarchen müssen eingezogen und der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Um weiteren aussenpolitischen Schaden zu verhindern, muss der Ukraine-Konflikt für die Schweiz in dem Sinne zur Zeitenwende werden, dass sie Friedenspolitik ins Zentrum ihrer Aussenpolitik stellt und darauf verzichtet, am Krieg zu verdienen. Die GSoA fordert seit Jahren den Stopp von Waffenexporten aus der Schweiz. Im Moment scheint es aber nach wie vor so, dass Exponenten der Waffenlobby, wie zum Beispiel der FDP-Präsident Thierry Burkart, den Ukraine-Konflikt dafür nutzen möchten, der Schweizer-Rüstungsindustrie Vorteile zu verschaffen. So warnte er vor Veröffentlichung der Zahlen der Schweizer-Rüstungsexportstatistik, dass die Schweizer Rüstungsindustrie in ihrem Überleben bedroht sei und Exportkriterien gelockert werden müssten. Die kurz danach veröffentlichten Zahlen bewiesen das Gegenteil. Die Schweizer-Rüstungsindustrie füllte ihre Kassen im Jahr 2022 mit 955 Millionen Franken – ein neuer Rekord. Die Milliardengrenze scheint in Griffnähe. Die Schweiz verdient am Geschäft mit dem Krieg immer mehr. Dies zum Schaden der Opfer von Kriegen und zum Nachteil einer glaubwürdigen Schweizer-Aussenpolitik.