Schweizer Bomben in der Wüste Negev

Viel wurde in den vergangenen Monaten über die Rüstungszusammenarbeit der Schweiz mit Ländern des Nahen Ostens geschrieben. Im Zentrum standen dabei die Panzerexporte in den Irak, nach Pakistan und Marokko. Aber auch die militärische Kooperation mit Israel muss hinterfragt werden.

Im Jahr 1955 beschloss der Bundesrat, keine Waffen mehr nach Israel/Palästina zu liefern. Solche Rüstungstransfers würden zu offensichtlich den Grundsätzen von «Neutralität und Humanitärer Tradition» der Schweiz widersprechen. Aber nicht nur die direkte Versorgung mit Kriegsmaterial kann eine militärische Auseinandersetzung anheizen, auch die indirekte Unterstützung des rüstungsindustriellen Komplexes einer Kriegspartei kann zur Verlängerung eines Konfliktes beitragen. Die Schweiz pflegt mit kaum einem anderen Land eine innigere rüstungstechnische und militärische Zusammenarbeit als mit Israel. Die Kooperation verläuft auf verschiedenen Ebenen: Seit Jahrzehnten arbeitet die Schweizer Armee im Bereich des Nachrichtendienstes und der Ausbildung eng mit Israel zusammen und sie kauft einen ansehnlichen Teil ihres Materials dort ein. Ausserdem entwickeln verschiedene Schweizer Rüstungsfirmen gemeinsam mit israelischen Militärunternehmen Kriegsmaterial.

Gemeinsame Waffenentwicklung

Öffentlich bekannt wurden in den letzten Jahren rüstungstechnische Kooperationen israelischer Firmen mit Schweizer Unternehmen – wie zum Beispiel mit Siemens Schweiz, Ascom, Oerlikon Contraves und vor allem mit dem staatlichen Rüstungsbetrieb Ruag. Seit dem Jahr 2000 unterhält die Israel Aircraft Industries (IAI) am Sitz von Ruag Aerospace in Emmen ein Verbindungsbüro. Viel zu reden gab die gemeinsame Entwicklung von Überwachungs-Drohnen der Ruag mit IAI.
Ein anderes Rüstungsprojekt der Ruag – nun zusammen mit der Firma Israel Military Industries – ist die Entwicklung sogenannter «Cluster-Bomben». Diese spezielle Artillerie-Munition hinterlässt aussergewöhnlich viele Blindgänger und ist deshalb selbst nach dem Ende einer bewaffneten Auseinandersetzung eine lebensbedrohende Gefahr für die Zivilbevölkerung (siehe GSoA-Zeitung Nr. 112).

Schweizer Bomben bedrohen Beduinen

Selbst die Schweizer Armee hat beschlossen, dass in den Schiessgebieten hierzulande keine Cluster-Munition verschossen werden darf, da die Gefährdung «für Wanderer, Viehherden und Jäger» durch die nicht explodierten Bombenteile zu gross sei. Stattdessen konnten die Ruag und die Schweizer Armee die Munition auf Übungsplätzen der israelischen Armee in der Negev-Wüste testen. Diese Übungsplätze befinden sich im Lebensraum der beduinischen Minoritätsbevölkerung Israels. Diese Regionen wurden vor Jahren zwangsenteignet und sind nun im Prinzip Sperrgebiete. Dennoch kommt es immer wieder zu Unfällen, bei denen nomadische Beduinen durch Blindgänger verletzt oder getötet werden.

Waffenkäufe

Allein seit 1990 hat die Schweizer Armee in Israel verschiedene Arten von Munition, Führungssimulatoren, Festungsartillerie-Anlagen, Aufklärungsdrohnen, operative und taktische Aufklärungssysteme und Feuerleitsysteme gekauft. Insgesamt gab sie dafür rund 1,5 Milliarden Franken aus und gehört damit zu den wichtigsten Kunden der israelischen Rüstungsindustrie.
Im Oktober hat der Nationalrat gegen den Widerstand von SP und Grünen dem Kauf eines weiteren Waffensystems aus Israel – einem rund 400 Millionen teuren Funkabhörsystem – zugestimmt (siehe «Nahost-Petition»). Das Rüstungsprogramm muss zwar noch vom Ständerat gebilligt werden, mit grosser Wahrscheinlichkeit wird dieser sich jedoch nicht gegen den umstrittenen Waffenkauf stellen.
Das Ziel der Forderung nach einem Ende der militärischen Zusammenarbeit mit Israel ist es einerseits, eine weitere Stärkung des militärischen Sektors gegenüber der israelischen Zivilgesellschaft zu verhindern. Andrerseits soll damit ein politisches Zeichen gesetzt werden, welches die israelische Regierung – bezüglich des Konfliktes um Palästina – zur Einhaltung des Völkerrechts und der Menschenrechtskonventionen bewegen soll. Die Schweiz soll mit einem Waffenausfuhr in alle Länder des Nahen Ostens drittens zu einer Befriedung der Region beitragen.