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GEGEN NEOLIBERALISMUS UND MILITARISMUS
Anti-WEF Demo in Chur
von GSoA | 24.01.04.

Am 24. Januar 2004 versammelten sich zwischen 2000-3000 DemonstrantInnen in Chur, der Hauptstadt des WEF-Kantons Graubünden. Die von der GSoA unterstützte Demonstration richtete sich gegen das WEF, welches mit seiner Politik einen massgeblichen Teil zur weltweiten Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungspolitik mit all seinen hässlichen Konsequenzen beiträgt. Wie eng die Verbindung zwischen der neoliberalen Politik und der weltweiten Militarisierung ist, wurde am diesjährigen WEF einmal mehr offensichtlich.

US-Vize und Kriegstreiber Dick Cheney verhandelte in Davos über Wiederaufbauaufträge im Irak und machte dabei klar, dass in erster Linie die am Irak-Krieg beteiligten Staaten davon profitieren sollten. Damit diese Verhandlungen und das gesamte WEF nicht durch demonstrierende Bürger gestört wurden, sorgten unter anderem 4700 Schweizer-Soldaten. Einmal mehr wurde mit scharfer Munition ein Militäreinsatz im Innern durchgeführt.

  • Die GSoA wehrt sich gegen das Konzept, wirtschaftliche Interessen mit militärischen Mitteln durchzusetzen
  • Die GSoA wehrt sich dagegen, dass Soldaten gegen die demonstrierende Bevölkerung eingesetzt werden.

 

Rede gehalten von Martin Parpan, GSoA

Gut, dass Ihr hier seid. Schön, dass wir uns im Kanton Graubünden nicht nur als WEF-Standort, sondern auch Widerstandskanton zeigen.

Es war vor knapp einem Jahr als, in Bern eine der grössten, je in der Schweiz durchgeführten Kundgebungen stattfand. 40'000 Menschen versammelten sich, um gegen den Irak-Krieg zu protestieren. Auf der ganzen Welt fanden unter dem Titel «Kein Blut für Öl» Demonstrationen statt. Sie zeigten: Breite Bevölkerungskreise sind nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wie die sogenannte «Koalition der Willigen» über ein Land herfällt, um wirtschaftliche Ziele mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen. Die Kurzformel «Kein Blut für Öl» steht also nicht nur für diesen spezifischen Irak Krieg, sondern gegen das Konzept, wirtschaftliche Interessen militärisch durchzusetzen. «Blut für Öl» steht für die hässliche Medaille, die auf der einen Seite den Neoliberalismus zeigt, als rücksichtlose Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungsstrategie mit all ihren schmutzigen Konsequenzen. Die andere hässliche Seite dieser Medaille, und sozusagen der Waffenbruder, ist der Neomilitarismus. Er kommt im Gewand des «Krieges gegen den Terror», des Krieges für die «Demokratie» oder gar «zur Befreiung der unterdrückten Frauen» daher. Und diese skrupellose Mischung aus rücksichtloser Wirtschaftsmacht gepaart mit rücksichtloser Militärmacht kritisieren wir. Das WEF in Davos ist ein Symbol dieser Politik. Ausgerechnet der Kriegstreiber und US-Vize Dick Cheney, früher Verteidigungsminister im Pentagon und ehemaliger Konzerchef des Öl-Multis Halliburton, erweist dem diesjährigen WEF seine zweifelhafte Ehre. Geradezu exemplarisch wird uns der Handshake zwischen Wirtschaft und Militarisierung vor Augen geführt.

Den engen Zusammenhang zwischen Wirtschaftspolitik und Militarisierung bekommen wir vor unserer eigenen Haustüre vorgelebt. 4700, mit Steuergeldern finanzierte Schweizer Soldaten, wurden für den WEF-Einsatz aufgeboten. Sie setzen den vor gut 2 Jahren gefällten Bundesrats-Entscheid, dass die Armee zukünftig «dauerhaft sicherheitspolizeiliche Aufgaben des Bundes erfüllen soll» konsequent um.

Waren es beim WEF im Jahr 2001 noch 300 Soldaten, so steigerte man sich bis zum WEF 2003 auf 2000 Soldaten. Und jetzt, beim WEF 2004 sind es 4700 Soldaten. Eingesetzt, zwar ohne Ausbildung, aber trotzdem mit scharfer Waffe. Nutzniesser davon, neben dem WEF, ist die Armee. Leiden tut letztendlich die Sicherheit von uns allen. Armeechef Keckeis bezeichnete das WEF schon einmal als «Turngerät» für die Schweizer Armee und Bundesrat Schmid erklärte in der parlamentarischen Beratung zum diesjährigen WEF-Armee-Einsatz, man dürfe den «Ausbildungswert» des WEFs für die Armee nicht unterschätzen. Gute Möglichkeit für den Schnupperlehrling, sozusagen...

Es liegt mir fern, ein übersteigertes Gefühl der Angst zu verbreiten oder Soldaten als «Rambos» darzustellen. Ich bin aber gleichzeitig nicht bereit, die Augen vor der Gefahr dieser inneren Einsätze zu verschliessen, nur weil sich die arbeitslose Armee auf der Suche nach neuen Aufgaben in fremdartige Bereiche begibt, und somit staatspolitisch und sicherheitspolitisch äusserst bedenkliche Tatsachen schafft.

Wir wehren uns aus all diesen Gründen gegen das WEF in seiner heutigen Form. Wir wehren uns gegen die gefährlichen inneren Einsätze der Armee, die umso störender wirken, weil sie die nicht legitimierte WEF-Elite unterstützen.

Wir werden einen langen Atem brauchen um eine andere Welt möglich zu machen. Sie wird nur dann möglich sein, wenn wir uns weiterhin beharrlich, konsequent und gewaltfrei dafür einsetzten. Heute und hier zeigen wir, dass wir uns nicht wie eine Herde Kühe verhalten, die kurz aufschaut, und dann gemütlich weitergrast. Für das ist uns das Thema zu wichtig. Meine Herren in Davos. Das versprechen wir.

Die Rede des Vertreters von Direkte Solidarität mit Chiapas ist online auf Indymedia, ebenso eine Übersicht über Berichte und Fotos.